Predictive Control: Intelligente Algorithmen in der Fertigung

Verantwortlicher Redakteur:in: Rainer Trummer 4 min Lesedauer

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Durch Vernetzung und Predictive Control auf Basis von KI kann insbesondere die Qualitätsvorhersage in der Produktion profitieren. Indem Probleme frühzeitig erkannt werden, lässt sich Ausschuss reduzieren und die OEE-Kennzahl verbessern. Auf welche Faktoren es bei der Umsetzung ankommt, zeigt dieser Beitrag.

(Quelle: littlewolf1989/Adobestock)

Predictive Control – auch Model Predictive Control (MPC) – ist ein intelligentes, selbstlernendes Verfahren, das produzierende Unternehmen dabei unterstützt, Qualitätsschwankungen zu reduzieren. Die Idee von MPC ist schon länger in unterschiedlichen Kontexten bekannt. Mit neuen Technolo­gien wie Cloud Computing sowie über das IIoT ­(Industrial Internet of Things) vernetzten Maschinen und KI lässt sich der Ansatz heute jedoch nutzen, um die Qualitätsprozesse auf ein neues Niveau zu heben. Dafür prognostizieren intelligente ­Algorithmen, die unterschiedlichste Para­meter und Daten verarbeiten, die Fertigungsqualität in Echtzeit. So werden beispielsweise vordefinierte oder durch die künstliche Intelligenz (KI) spezifizierte ­Toleranzgrenzen überwacht und bei drohender Über- oder Unterschreitung konkrete Handlungsempfehlungen gegeben.

Ressourcen sparen durch sofortige Reaktion

Auch mit Blick auf Nachhaltigkeitsbestrebungen kann Predictive Control eine wichtige Rolle spielen, indem Ausschuss vermieden wird. Das gilt besonders in Bereichen, bei denen sich die Fehlproduktion nicht wiederverwerten lässt, hohe Entsorgungskosten drohen oder sogar Strafzahlungen möglich sind. Wenn sich Qualitätsabweichungen früh im Prozess erkennen lassen oder diese – noch besser – gar nicht erst entstehen, sparen Unternehmen Zeit, Energie und weitere Ressourcen.

Auf Basis der KI-basierten Vorhersagen werden dem Maschinenführer konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, beispielsweise, wie er die Maschinenparameter verändern sollte, um Qualitätsverluste zu vermeiden. Wie bei anderen KI-Themen auch muss sich das System in der Trainingsphase zunächst Expertenwissen aneignen. Dazu ist es wichtig, das Domänenwissen in der Produktion über die jeweiligen Prozesse einzubeziehen.

Predictive Control in die Praxis bringen

Der erste Schritt besteht in der Entwicklung eines Prognosemodells, das den Produktionsprozess abbildet und mit dem sich aus vielen unterschiedlichen Möglichkeiten die richtigen Maschinenparameter für eine Optimierung bestimmen lassen. Cosmo Consult bringt für die Umsetzung einen eigenen Stufenplan ein, mit dem die Produktionsanlagen gemeinsam schrittweise optimiert werden. Das ist eine hochkomplexe mathematische Aufgabe, bei der man eine Vielzahl von speziellen Nebenbedingungen berücksichtigen muss. Diese Nebenbedingungen sind für jede Aufgabe individuell festzulegen. Im Vorfeld ist dafür eine umfangreiche Datenerhebung und -validierung notwendig. Mittels Smart Monitoring lassen sich die Daten visualisieren und die Prozesse so darstellen, dass der Anwender hier bereits sehen kann, wo es Probleme gibt. Zunächst geht es also noch nicht um eine Prognose oder Optimierung, sondern erst einmal darum, die Daten zu verstehen. Dafür werden die Produktionsqualität sowie potenzielle interne – also maschinenabhängige – und externe Faktoren gemessen, wie etwa die Temperatur in der Produktionshalle. Anschließend folgt eine Analyse dieser Parameter und ihres tatsächlichen Einflusses auf die Produktionsqualität. Aus diesen Erkenntnissen wird eine KI für die Echtzeitprognose der zu erwartenden Produktionsqualität entwickelt.

Komplexe Wechselwirkungen besser verstehen

Im Zuge der Digitalisierung werden die Produktionsprozesse immer komplexer; gleichzeitig bieten die Vernetzung und Analyse großer Datenvolumen die Möglichkeit, viele unterschiedliche Faktoren automatisiert im Blick zu behalten. Mit Predictive Control können sich Unternehmen also intensiv mit den Einflussfaktoren auf die Produktionsqualität und deren Wirkung auseinandersetzen, um Zusammenhänge besser zu verstehen. Die Technologie hilft dabei, Entscheidungen, die in der Fertigung oft intuitiv oder aus Erfahrung getroffen werden, auf eine fundierte Basis zu stellen: einen digitalen Algorithmus. Wertvolles Wissen wird so zudem allgemein zugänglich und beliebig duplizierbar. Auch wenn eine weitere Produktionslinie hinzukommt, kann mit Predictive Control bereits vorhandenes Wissen auf die neue Anlage transferiert werden, um von Beginn an optimiert zu arbeiten. Die komprimierte, entscheidungsorientierte Darstellung auf grafischen Dashboards hilft Maschinenführern, Sachverhalte sofort zu durchblicken und schnell zu reagieren. Die Mitarbeiter sind damit in der Lage, mehrere Maschinen parallel zu überwachen und anzupassen.

(Predictive Control: Fünf Schritte zur Optimierung von Produktionsanlagen. Bild: Cosmo Consult)

Predictive Control: Rechtzeitig gegensteuern, wenn sich Probleme abzeichnen

Die Maschinenbediener verfolgen in einem typischen Predictive-Control-Szenario über ein Dashboard zum einen die Qualitätsentwicklung der Produktion, zum anderen die wichtigsten ­Maschinenparameter. Im Unterschied zur ­Maschinenüberwachung steht dabei nicht die Qualität von bereits produzierten Produkten, Bauteilen oder Materialien im Fokus, sondern das zu erwartende Qualitätsniveau der Mengen, die in den nächsten Minuten gefertigt werden. Die genaue Prognose dieser Werte macht ein frühzeitiges Gegensteuern möglich, sodass es gar nicht erst zu signifikanten Abweichungen kommt. Dabei stehen nicht nur die Qualität, sondern auch die Produktionskosten im Fokus. Wenn das Ziel über verschiedene Wege erreichbar ist, wird die KI immer die kosteneffizienteste Lösung vorschlagen. Die Entscheidungshoheit verbleibt jedoch beim Maschinenführer, der den Anpassungsvorschlag nach eigenem Ermessen annehmen oder verwerfen kann. Unabhängig davon, wie die Entscheidung ausfällt: Die KI lernt daraus.

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Cloud-Plattformen reduzieren Einstiegshürden

Insbesondere für kleine und mittlere Fertigungsunternehmen war es in der Vergangenheit eine große Herausforderung, Data Analytics in den Produktionsprozessen zu nutzen. Durch Cloud-Plattformen vereinfacht sich die Einführung von rechenintensiven Verfahren wie Predictive Control erheblich: Die Cloud lässt sich frei skalieren und flexibel in unterschiedliche Szenarien einbinden. Mit keiner anderen Infrastruktur kann man Rechenleistung und Speicherplatz je nach Bedarf so schnell erhöhen oder reduzieren. Zudem müssen Unternehmen keine eigene Infrastruktur aufbauen und können dadurch viel schneller starten. Mit aktuellen Cloud-Plattformen wie Micro­soft Azure und erfahrenen Partnern ist es deshalb heute deutlich leichter geworden, von Datenanalytik zu profitieren. Die Digitalisierung von Produktions-Know-how und langjährigen Erfahrungswerten bringt zudem auch Zukunftssicherheit, denn neue Mitarbeiter können schneller eingearbeitet werden. Das Domänenwissen ist dauerhaft und überall im Unternehmen verfügbar, auch wenn Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheiden. Predictive Control trägt aber auch dazu bei, das Produktions-Know-how über verschiedene Standorte hinweg weltweit auf einem konstant hohen Niveau zu halten.

Der Autor Max Heppel ist Business Development Manager im Geschäftsbereich Data & Analytics bei der Cosmo Consult-Gruppe.

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