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Elektroschrott – Herausforderung mit Potential

Melanie Rainer17.10.2019
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Die Wegwerfindustrie der Konsumgesellschaft

Beim Kauf eines neuen Smartphones (und das passiert statistisch gesehen in etwa alle 1,5 Jahre) verschwendet kaum jemand einen Gedanken an das alte Gerät. Erstaunlich ist doch der Abfallstrom von Elektrogeräten (auch WEEE – waste electronic and eletrical equipment genannt) der weltweit größte Abfallstrom unserer Zukunft. Doch die „end-of-life“ Existenz dieser Elektrogeräte kann noch sehr vielfältig und lang sein. Begleiten Sie mit mir meine persönliche Assistentin, Organisatorin, unlimitierte Wissensquelle und meinen Draht zur Außenwelt: mein zwei Jahre altes Smartphone Susi, das wegen eines vermeidbaren Unfalls nun einen Sprung in der Schüssel hat und nicht mehr funktioniert. Susi muss also weg, begleiten wir sie ein Stück.

Susis Weg ins Paradies?

Zunächst geht es um die Sammlung an zentralen Standorten. Weil ich ein umweltbewusster Mensch bin, bringe ich Susi zur Altstoffsammlung. Das ist die erste Station vieler ausgedienter Elektrogeräte. Einige andere Elektrogeräte gehen jedoch nicht diesen legalen Weg eines Recyclinghofes, sondern machen einen Zwischenstopp im Wald oder verschwinden über illegale Wege in Dritte-Welt-Länder in Afrika wie z.B. Nigeria oder Ghana. Durch geringe Monitoringaktivitäten und -möglichkeiten sind die Zahlen über den tatsächlich anfallenden E-Waste nur Schätzungen. Von den geschätzten 42 Millionen Tonnen weltweit entfallen die größten Anteile auf die USA, China, Latein Amerika und Europa (1). In Europa kommen wir auf ca. 14 – 20 kg/Kopf jährlich (2,3). Die Zuwachsraten steigen besonders stark in den wachsenden Ökonomien, aber im Trend in allen Ländern. Trotz verschiedener Regularien und neuen Ideen zur Nachverfolgung mittels RFID oder GPS ist es hingegen derzeit fast unmöglich die genauen Wege von E-Waste nachzuvollziehen. Einzelstudien haben gezeigt, dass E-Waste im Vergleich zu anderem Müll sehr lange reist und viele Zwischenstationen hinter sich bringt, bevor es teilweise nur einige 100 km entfernt endet (2). Wohin also Susi wirklich reist und was mit ihr passiert, werde ich höchstwahrscheinlich nicht erfahren.

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Der Ausgangspunkt für den After-Life Prozess für Smartphones ist also maßgeblich abhängig vom Sammelverhalten der Haushalte. Sie gehören zu den Klein-Elektrogeräten und das Sammelverhalten ist schwächer ausgeprägt als bei Großgeräten, wie z.B. Kühlschränken. Zum einen sind Smartphones klein und daher einfacher im Hausmüll zu entsorgen, auch sind sie meist als Einwegprodukte designt und daher auch nicht lange nutzbar.  Zudem steigt die Verwendung von elektronischen Komponenten in allen Produktwarengruppen (z.B. Spielzeug) an. Eine Studie in Großbritannien hat auch gezeigt, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Sammlung von E-Waste, aber auch das Wissen über zuständige Infrastruktur gering ist. (3) All das führt dazu, dass eine große Menge an nicht mehr genutzten Kleingeräten nicht dem Recycling oder der Wiederaufbereitung zugeführt wird. In etwa 10 – 15 Prozent der Smartphones in westlichen Ländern werden recycelt oder wiederaufbereitet. (4) Diese Quote steht im klaren Gegensatz zur europäischen WEEE Directive, welche eine 70 – 80 prozentige Recyclingrate für E-Waste verordnet. (5) Diese Verordnung hat das Ziel, die Deponierung von E-Waste drastisch zu reduzieren und die darin enthaltenen Rohstoffe wieder verfügbar zu machen. Davor wurden Elektrogeräte z.B. in UK bis zu einer Rate von 90 Prozent deponiert oder in Müllverbrennungsanlagen zur Herstellung von Strom verbrannt. Bei der Verbrennung oder Deponierung werden eine Reihe von für Mensch und Umwelt gefährliche Stoffe, die ungefiltert in den Boden versickern oder durch die Verbrennung in die Luft entweichen, ausgestoßen.

Diese toxischen Stoffe wie z.B. Blei, Arsen, Chrom und Quecksilber sind in WEEE enthalten und sind bereits im Umfeld von Deponien in der Umwelt und im Menschen messbar nachgewiesen. In vielen Entwicklungsländern gibt es nicht so strenge oder keine Vorschriften für gefährlichen Stoffe und daher wird das Problem einfach exportiert. Die Auswirkungen spüren nicht die tatsächlichen KonsumentInnen und auch nicht die Herstellerländer. (6) Darum benötigt es globale Lösungen, um das Problem flächendeckend anzupacken und die Bestandteile eines Smartphones dem Recycling zuzuführen.

Welche Teile von Susi können eigentlich recycelt werden?

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Da ein Smartphone aus einer Vielzahl verschiedener und miteinander teils untrennbar verbundenen Materialien besteht, ist das Recycling oft eine technisch oder wirtschaftlich schwierige Aufgabe. Die meisten Recyclingfirmen konzentrieren sich daher auf die enthaltenen und wertvollen Metalle. Diese sind nicht nur einfacher abzutrennen (sind z.B. magnetisierbar und haben ein höheres spezifisches Gewicht), sie sind auch im Wiederverkauf wertvoller. Die festen Bestandteile eines Smartphones sind vor allem Kupfer, Zink, Zinn, Nickel, Aluminium und Blei. Weitere geringere, aber sehr wertvolle enthaltene Metalle sind Silber, Gold und Palladium. (2) Welche dieser Stoffe tatsächlich extrahiert werden, hängt von der verfügbaren Technologie, der Zusammensetzung der Stoffe (z.B. Legierungsgrade) und der Wirtschaftlichkeit zusammen. Wenn die Extraktion teurer und aufwendiger ist, als die Preise am Markt für diese Rohstoffe, wird das Recycling für Unternehmen wenig sinnvoll sein. Ein weiterer Ansatzpunkt muss auch das Produktdesign sein, um die einzelnen Rohstoffe am Lebensende trennen und wiederverwenden zu können.

Susi’s Zerlegung in Einzelteile

Wenn also Susi nicht repariert werden kann oder eine Reparatur wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, wird sie vermutlich in ihre Bestandteile oder zumindest soweit zerlegt, dass die wertvollen Bestandteile wie z.B. Gold und Kupfer entnommen werden können. Dieser gesamte Prozess hängt davon ab, in welchem Land Susi schlussendlich landet. Der Handel mit Elektroschrott kann ein einbringliches Geschäft sein. Da in bestimmten Ländern hohe Auflagen für die Entsorgung zur Anwendung kommen, wird Elektroschrott und damit das Problem, aber auch der enthaltene Rohstoff häufig (etwa 50 – 80 Prozent) exportiert. (4) So kommt es, dass in Dritte-Welt-Ländern ganze Landabschnitte meterhoch mit Elektroschrott belagert sind. Dort sickern durch Abbauprozesse giftige Schlacke und Substanzen in die Erde oder verdampfen durch Verbrennung zur Gewinnung von Metallteilen in die Luft.

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Fazit

Umwelt und Menschen leiden enorm unter den Auswirkungen, und auf der anderen Seite verknappen die Rohstoffe. Die Auslagerung der Verantwortung geht mit dem Verlust dieser Rohstoffe einher. Das Potential für Urban Mining (7), darunter versteht man das systematische Erfassen und Rückgewinnen von Sekundärrohstoffen, scheint sehr groß zu sein, wird aber derzeit noch kaum genutzt. Urban Mining beruht auf vier Säulen: Smart Design, Rohstoffkataster, Prospektion urbaner Lagerstätten und neue Technologien. Diese verfolgen den Gedanken einer Kreislaufwirtschaft. Wie auch das verwandte Landfill Mining geht es darum, die Verknappung von Rohstoffen und der Umweltzerstörung entgegenzuwirken. Es gibt viele Ideen in diesem Bereich der Forschung und in der Technologie. Eine Studie beschäftigt sich z.B. mit Bakterien, die bei der Zerlegung von Smartphones helfen sollen. Es bleibt nur zu hoffen, dass weiterhin Ideen entstehen, die Forschung weiterbetrieben wird und Schritte zu einer Kreislaufwirtschaft in der Politik, im gesellschaftlichen Verhalten und in den Ökonomien unternommen werden.

  1. Lee, D.; Offenhuber, D.; Duarte, F.; Biderman, A.; Ratti, C.: Monitour: Tracking global routes of electronic waste. 2018, Waste Management 72, S.362-370.
  2. De Marco, I.; Caballero, B.M.; Chomón, M.J.; Laresgoiti, M.F.; Torres, A.; Fernández, G.; Arnaiz, S.: Pyrolysis of electrical and electronic wastes. Journal of Analytical and Applied Pyrolysis 82, 2008, S. 179-183.
  3. Darby, L.; Obara, L.: Household recycling behaviour and attitudes towards the disposal of small electrical and electronic equipment. Resources Conservation & Recycling 44 (200), S. 17-35.
  4. Tanskanen, P.: Management and recycling of electronic waste. Acta Materialia 61 (2013), S. 1001-1011.
  5. European Commission: Waste Electrical & Electronic Equipment (WEEE). https://ec.europa.eu/environment//waste/weee/index_en.htm.
  6. Wang, Z.; Zhang, B.; Guan, D.: Take responsibility for electronic-waste disposal. International cooperation is needed to stop developed nations simply offloading defunct electronics on developing countries. Nature, Vol 536 2016, S. 23-25.
  7. Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Urban_Mining.

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